Die Diagonale ’22 – Eine Rückschau

Hallo zusammen,

ich weiß, ich weiß, man mag es kaum glauben, aber tatsächlich lebe ich noch und bin nicht von irgendeinem sich plötzlich auftuenden Erdloch verschluckt worden. Weder habe ich meine Anfang des Jahrs groß angekündigten zwei Beiträge pro Monat hier abgeliefert, noch sonst irgendeinen Mucks von mir gegeben. Aber, auch wenn ich euch nicht versprechen kann in welchem Ausmaß, eines steht auf jeden Fall fest: Ich gelobe Besserung!

Und wie könnte man so eine abermalige Schreibpause besser beenden, als über ein Thema zu schreiben, das einem bereits seit knapp über einer Woche unter den Nägeln brennt. Genau so lange ist es nämlich her, dass die diesjährige Diagonale ihr Ende fand und auch ich durfte dieses Jahr wieder mit von der Partie sein.

6 Tage lang, naja, sagen wir vielleicht lieber 5 und ein bisschen, drehte sich in der Hauptstadt der Steiermark mal wieder alles um den österreichischen Film – und ich war mitten drin. In diesem Jahr würde ich sagen sogar noch mehr, als in den Jahren zuvor. Denn während ich in den ersten Jahren noch versuchte, so viele Screenings wie möglich unter einen Hut zu bringen, ist mir über die Jahre hinweg langsam klar geworden, dass es weniger die gezeigten Filme sind, die ein solches Festival zu einem Event machen, dem meiner Meinung nach jeder Filmfreund einmal beiwohnen sollte, sondern viel mehr die Interaktionen nach, zwischen und abseits des Gezeigten. Natürlich kamen die Sichtungen trotzdem nicht zu kurz, aber was ich beinahe noch mehr genossen habe, waren die spannenden Begegnungen, die interessanten Einblicke und die anregenden Gespräche.

Doch fangen wir einmal von vorne an. Dienstag Abend startete die Gaudi wie jedes Jahr in der Helmut-List-Halle. Dank neu ausgebautem Straßenbahnnetz nun endlich auch ohne Taxi oder längeren Fußmarsch gut erreichbar, fanden sich viele der Zuschauer bereits ein Weilchen vor Veranstaltungsbeginn bei der Location ein, was Gelegenheit zu regem Austausch bei wohltuenden Getränken und stärkenden Snacks gab. Die Eröffnung selber wirkte abermals routiniert, kein Wunder, immerhin feierte das Festival in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag, wartete aber trotzdem mit einer sehr starken Rede der beiden Intendanten und einem sichtlich gerührten Branko Samarovski (er erhielt den Großen Diagonale-Schauspielpreis) auf. Auch der Eröffnungsfilm „Sonne“ von Kurdwin Ayub wusste zu gefallen (hierzu kommt in den nächsten Tagen noch eine gesonderte Rezension). Bei Sterz mit Käferbohnen und einer ausgelassenen Stimmung fand der Abend dann sein Ende.

Am Mittwoch ging es dann schließlich vollends in medias res. Zunächst mit dem sehr starken „Kurzspielfilm Programm 2“ („Absprung“, „Alles ist hin“, „Zwölferleitn“) von dem ich wirklich jeden der drei Kurzfilme aufs Wärmste empfehlen kann, besonders „Zwölferleitn“ bot ein paar wirklich beachtliche schauspielerische Leistungen, wenn man einmal die Tatsachen bedenkt, dass Hauptdarstellerin Marianne Pradeller keine Tirolerin ist, dafür dann aber einen Dialekt auspackt, dass einem der Mund offen steht.
Nach einer kulinarischen Stärkung ging es dann weiter zu „Innovatives Kino Programm 2“.  Hier wurden insgesamt 5 Kunst- und Experimentalfilme gezeigt, mal länger mal kürzer, von denen mir „Besucher einer mir vertrauten Vergangenheit“ und „re-GEO“ eindeutig am besten gefallen haben, wahrscheinlich weil diese beiden Werke noch am deutlichsten einer Narrative folgen und in ihrem Ansatz sogar eher dokumentarisch anmuten.
Als teils krönend, teils verstörend kann man dann das letzte von mit besuchte Screening des Tages bezeichnen: „Musik 1 + Answering the Sun“. Während sich hinter „Musik 1“ fünf Musikvideos verbargen, wobei Noizu mit „Summer 91“,  Gana mit „Squatten an der Quarantaine“ und DJ Paprika mit „Invincible“ besonders erheiternd und originell waren, versteckte sich hinter „Answering the Sun“ ein Film, der die vorangegangene Warnung für Epileptiker mal wirklich verdient. Angeblich eine Stunde lang soll dieser Brocken von einem Film dauern und dabei lediglich aus Klängen, teilweise nur Tönen, oft in unangenehmen Frequenzen, und flackernden bunten Bildern, manchmal mit Mustern versehen, bestehen. Wie viele Leute tatsächlich bis zum Ende geblieben sind, kann ich nicht sagen, denn ich habe es nicht länger als 20 Minuten in dieser Reizüberflutung ausgehalten – zählte damit aber auf jeden Fall auch schon zu den Hartnäckigeren.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich am Donnerstag dann zwar auch im Kino war, allerdings nicht im Zuge der Diagonale. Abends habe ich mir mit Freunden die Premiere von  „Phantastische Tierwesen 3“ angeschaut und auch wenn ich ihn besser fand als den Vorgänger, ist dies sicher nicht der richtige Ort, um näher darauf einzugehen.

Am Freitag ging es dann aber wieder weiter mit dem bunten Diagonale-Treiben. Neben dem „Kurzdokumentarfilm Programm 1“ mit „Sekundenarbeiten“, „EINBLICK“, „There was no one here before“ und „Zumindest bin ich draußen gewesen“, wobei „EINBLICK“ und „Zumindest bin ich draußen gewesen“ eindeutig meine Favoriten waren, habe ich mir abends dann auch noch „Hinterland“ angeschaut. Ein Film, der inszenatorisch so einzigartig anmutet, dass man ihn allein schon deswegen unbedingt auf seine Watchlist setzen sollte (auch hierzu wird es in den nächsten Tagen noch eine eigene Rezension geben).

Samstag war dann ein Film außerhalb des Wettbewerbs dran, denn wenn schon „Rotzbub“, der kürzlich in den österreichischen Kinos gestartete Deix-Film, gezeigt wird, dann muss man sich den natürlich anschauen. Wem der Name nichts sagt, Deix war einer der großen österreichischen Karikaturisten, der mit seinen spitzfindigen Zeichnungen gerne einmal den Finger ganz tief in die heimischen Wunden gelegt hat. Und ja, auch zu diesem Film werde ich mich an anderer Stelle noch einmal etwas ausführlicher äußern, nur so viel sei gesagt, an die gezeichneten Vorlagen, kommt das bewegte Bildmaterial nicht ganz heran, ein paar derbe Lacher bietet es aber trotzdem.

Am Sonntag fühlte sich mein Hirn dann schon so voll von all den Eindrücken der vergangenen Tage an, dass ich das Double-Feature von „Funny Games“ doch lieber bleiben ließ, mir stattdessen Teile der Preisverleihung via Stream angeschaut habe und einfach noch ein wenig durch die von Filmenthusiasten bevölkerte Stadt spaziert bin.

Das alles mag sich jetzt vielleicht so anhören, als wäre ich in diesem Jahr ordentlich auf die Bremse getreten, tatsächlich hatte sich mein Interesse allerdings lediglich verlagert, denn wie oben bereits erwähnt, galt mein Hauptaugenmerk in diesem Jahr dem, was neben der Leinwand so stattfand. Nach jedem Screening gab es stets Interviews und Q&As mit den Involvierten, die vor dem Kinosaal oft noch weiter gegangen sind (allein schon deswegen tat man gut daran, die Screenings nicht zu eng hintereinander zu planen). Dann gab es noch die allabendlichen After-Show-Parties in unterschiedlichen Locations, außerdem auch noch ein reichhaltiges Rahmenprogramm und auch so einfach jede Menge Gelegenheit um in Kontakt zu kommen. Mehr denn je, war es für mich also heuer ein Festival der Begegnungen, der Gespräche, des Austauschs – also genau jener Punkte, durch die erst aus einer Aneinanderreihung von Filmvorführungen ein waschechtes Filmfestival wird.

An dieser Stelle möchte ich daher auch noch kurz meinen Dank an die Verantwortlichen aussprechen, die es nicht nur schaffen, jedes Jahr aufs Neue für einen ungestörten Ablauf zu sorgen, sondern auch uns Filmfans immer wieder mit einer interessanten Filmauswahl und einem spannenden Rahmenprogramm zu beglücken.

PS: Wer von euch gerne mehr über die einzelnen Filme wissen möchte, dem verlinke ich HIER und oben beim Banner die Homepage der Diagonale.

Danke fürs Vorbeischauen und bis zum nächsten Mal – stay tuned…

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